Warum Partizipation in der Raumplanung immer wichtiger wird – und wie dies konkret passiert.
In der Gemeinde Grabs läuft ein Mitwirkungsprozess zur Entwicklung des Zentrums. Ziel ist es, gemeinsam mit der Bevölkerung herauszufinden, wie das Zentrum aufgewertet und als identifikationsstiftendes Herz des Dorfes entwickelt werden soll. Die ERR Raumplaner AG und ProjektForum begleiten die Gemeinde bei der Durchführung dieses Prozesses. Ivo Liechti, Co-Geschäftsleiter und Jenny Zwimpfer, Raumplanerin bei der ERR Raumplaner AG, im Interview.
ProjektForum: Ein Raumplanungsbüro in St. Gallen und eine Agentur in Bern spannen für ein Projekt in der Ostschweiz zusammen – wie kam es zur Zusammenarbeit zwischen der ERR Raumplaner AG und ProjektForum?
ERR Raumplaner AG: Unsere Büros konnten bereits in Mörschwil einen Mitwirkungsanlass für eine Zentrumsentwicklung zusammen begleiten. Damals führte die Gemeinde die beiden Firmen zusammen. Aufgrund der damals guten Zusammenarbeit entschied sich die ERR Raumplaner AG, für den Prozess in Grabs ebenfalls ProjektForum mit an Bord zu holen.
Nach Gesprächen mit den Grundeigentümerinnen und Grundeigentümern im Zentrumsgebiet, einer Umfrage im Gemeinderat sowie einer Online-Umfrage in der Bevölkerung fand in Grabs am 29. September 2022 eine öffentliche Mitwirkungsveranstaltung statt. Um was geht es im Prozess?
Auslöser der Zentrumsplanung sind die Mitwirkungsergebnisse zu einem mittlerweile sistierten Sondernutzungsplan im Zentrum von Grabs. Die Grundeigentümerschaft wollte mit diesem Sondernutzungsplan eine Erneuerung und Verdichtung des Volg-Areals im Zentrum ermöglichen. In der Mitwirkung äusserte die Bevölkerung jedoch diverse Bedenken zur Entwicklungsabsicht, aber auch zur fehlenden Gesamtschau der Entwicklung des Zentrums als Ganzes. Diesem Aspekt möchte der Gemeinderat mit der Durchführung eines Mitwirkungsprozesses nachkommen.
Welchen Vorteil seht ihr in der Zusammenarbeit mit anderen Agenturen wie ProjektForum bei solch einem Prozess?
Aufgrund der Mitwirkungsergebnisse des sistierten Sondernutzungsplans stehen viele Emotionen im Raum. Es gilt nun, diese Emotionen in den beiden vorgesehenen Mitwirkungsveranstaltungen der Zentrumsplanung einzufangen und in den Prozess zu integrieren. Dazu ist spezielles Fachwissen im Bereich der Moderation erforderlich. ProjektForum bringt die Voraussetzungen mit, einen solchen Prozess mit der Bevölkerung neutral und ohne inhaltliche Absichten durchzuführen, so dass wir uns als Raumplaner auf unsere Spezialthemen fokussieren können.
Planungsprozesse sind heute oftmals auch Partizipationsprozesse: Landauf landab setzen Gemeinden immer mehr auf starke Bevölkerungsbeteiligung. Warum ist das aus eurer Sicht so?
Die Raumplanung hat von der «Aussenentwicklung» auf die «Innenentwicklung» gewechselt. Anders als früher betreffen Planungsabsichten heute vermehrt bebaute Gebiete und damit gewohnte, vertraute und oft auch liebgewonnene Umgebungen. Von den Planungsabsichten in den zentralen Gebieten ist nicht selten die gesamte Bevölkerung eines Ortes betroffen. Viele Bewohnerinnen und Bewohner möchten sich in die beabsichtigten Veränderungen einbringen, was nur mit einer Partizipation ausreichend erfolgen kann.
Weshalb sind solche Partizipationsprozesse wichtig?
Partizipationsprozesse zeigen auf, dass es den Behörden wichtig ist, auf Anliegen aus der Bevölkerung einzugehen. Der Bevölkerung dient die Partizipation wiederum als Möglichkeit, sich in die Entwicklung einzubringen. Die Gemeindebehörde kann somit aufgrund der Mitwirkungsergebnisse abgestimmte Entscheidungen treffen. Nicht selten hilft die Partizipation aber auch der Sensibilisierung der Bevölkerung, eingeschlagene Wege zu bestätigen und mitzutragen oder der Klarstellung der Mehrheitsverhältnisse für die Minderheiten.
Rund 50 Grabserinnen und Grabser haben an der Mitwirkungsveranstaltung ihre Vorstellungen, wie das Zentrum aufgewertet werden könnte, diskutiert. Diese Ergebnisse bilden nun die Aufgabenstellung für die weiteren Planungsarbeiten. Wie geht es weiter?
Anhand der detaillierten Auswertung der Ergebnisse des Mitwirkungsanlasses werden wir uns in den kommenden Wochen mit der räumlichen Situation im Zentrum auseinandersetzen und ein räumliches Leitbild erarbeiten. Diese Ergebnisse werden Diskussionsinhalt der zweiten Mitwirkungsveranstaltung im Februar 2023 sein, an der die Grabserinnen und Grabser ein weiteres Mal die Möglichkeit haben, über die Zukunft ihres Zentrums zu diskutieren.
Mehr Infos zum Mitwirkungsprozess in Grabs: www.mitwirken-grabs.ch