Partizipation ist in unserer Gesellschaft weder selbstverständlich noch krisensicher. Das Jahr 2020 hat das in aller Deutlichkeit gezeigt. Damit wichtige gesellschaftliche Prozesse nicht auf unbestimmte Zeit verschoben werden und wir unsere Zukunft weiterhin gemeinsam gestalten können, müssen partizipative Prozesse mit neuen, digitalen Methoden, Formaten und Instrumenten ergänzt werden.

Ein Blick auf die aktuelle Entwicklung zum Thema Partizipation in der Schweiz zeigt: Es ist viel in Bewegung. Sowohl die öffentliche Hand als auch die Zivilgesellschaft und Unternehmen engagieren sich für mehr Mitwirkung der Bevölkerung. Im Januar 2021 wurde zum Beispiel der nationale Dachverband Partizipation gegründet, bereits Mitte 2020 wurde das Forum E-Partizipation Schweiz ins Leben gerufen. Ein Hauptziel des Forums ist, die politische Mitsprache in der Schweiz zu verbessern. «Der Einsatz von digitalen Partizipationsformen wird dabei – nicht nur wegen Corona – immer zentraler», erklärt Sabeth Tödtli. Auch Philipp Schweizer vom neugegründeten nationalen Dachverband Partizipation, bei dem ProjektForum auch mit dabei ist, sieht in der digitalen Mitwirkung Vorteile: «So können beispielsweise Inklusion und Transparenz, zwei unserer Grundwerte, auch in Zeiten der Pandemie sichergestellt werden. Für die Gründung des Verbandes konnten die Mitglieder beispielsweise via Online-Plattform ihre Änderungswünsche und Anmerkungen zu einzelnen Dokumenten wie zum Beispiel unsere Charta abgeben. Wir profitieren also auch als Verband von digitaler Partizipation.»

Verschiedene Bevölkerungsgruppen miteinbeziehen

Digitale Formen der Partizipation gewinnen nicht nur Aufgrund der Pandemie an Bedeutung, sondern auch im Zuge der generellen Demokratisierung und Digitalisierung unserer Gesellschaft. Sie bieten das Potential, Bevölkerungsgruppen abzuholen, die sich ansonsten weniger aktiv beteiligen würden. Gerade junge Menschen können durch digitale Methoden potentiell stärker in Prozesse miteinbezogen werden. Davon überzeugt ist auch Sandra Brand, Leiterin Jugendmitwirkung Stadt Bern, die mit ihrem Team zurzeit das konventionelle Methodenset für partizipative Prozesse überarbeitet: «Wir entwickeln zum Beispiel Alternativszenarios für Mitwirkungen und Begehungen vor Ort und testen für künftige Bedarfserhebungen digitale und hybride Methoden, die unabhängig von Zeit und Ort eingesetzt werden können». Nora Räss vom Dachverband Schweizer Jugendparlamente erforscht mit der Unterstützung von TA-SWISS die digitale Partizipation von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Schweiz – ein Gebiet, das noch grösstenteils Neuland ist: «Wir wollen herausfinden, wie digitale Plattformen inklusiv und effektiv gestaltet werden können, um eine breite Gruppe von Nutzer*innen unabhängig des soziodemografischen Hintergrunds dafür zu begeistern.»

Digitale Partizipation für jung und alt

Nicht nur die Digital Natives dürfen aber als Zielgruppe im Fokus stehen. Digitale Formen der Partizipation funktionieren auch für ältere Bevölkerungsschichten – entgegen der gängigen Meinung. «Ich war erfreut zu sehen, wie viele Senior*innen sich auf unseren digitalen Mitwirkungsprozess rund um das ehemalige Schulhaus in Gysenstein eingelassen haben. Sie haben sich die nötige Unterstützung zur Teilnahme an der Videokonferenz einfach im Vorfeld geholt, zum Beispiel im direkten Umfeld», sagt Simon Buri, Gemeinderat aus Konolfingen. Eine Studie von Prosenectute bestätigt Buris Aussage: «Digitale Angebote sind bei der Generation 65+ hoch im Kurs: 74 Prozent der Seniorinnen und Senioren sind heute online unterwegs.»

Partizipation vs. Pandemie

Die Gemeinde Konolfingen wollte die Bevölkerung von Anfang an in die Entwicklung des ehemaligen Schulareals einbeziehen und plante dazu eine erste Informations- und Mitwirkungsveranstaltung im November 2020. Als Gemeinderat Buri im Herbst mit der Anfrage zur Unterstützung der methodischen Gestaltung auf ProjektForum zukam, standen die Sterne für eine Durchführung vor Ort noch gut. Doch dann machte die zweite Coronawelle einen Strich durch die Rechnung. Wenige Tage vor dem Versand der Einladung wurden die Coronamassnahmen durch den Kanton Bern verschärft, was eine Durchführung vor Ort verunmöglichte.

Der Sprung ist kalte Wasser

Da stand die Gemeinde plötzlich vor dem Entscheid, die Veranstaltung abzusagen und den Prozess auf unbestimmte Zeit zu vertagen oder den Sprung ins kalte Wasser zu wagen und auf digitale Partizipation zu setzen: «Auch wenn die Situation für uns herausfordernd war – uns war klar, dass wir den Prozess vorantreiben wollen und die Art der Mitwirkung der Corona-Situation anpassen müssen. Auch darum, weil ja noch längere Zeit nicht klar ist, welche physischen Mitwirkungsformen in ein paar Monaten möglich sein werden». Mit diesem Entscheid startete auch für ProjektForum ein Sprint: Das Veranstaltungskonzept musste kurzfristig an das digitale Setting angepasst, die angedachten Methoden ausgewechselt und das technische Setup ausgetestet werden. Die virtuell durchgeführte Mitwirkungsveranstaltung wurde zum Erfolg: «Die rund 30 Teilnehmenden waren sehr zufrieden und fühlten sich abgeholt. Und auch als Gemeinderat war ich froh, den Schritt gewagt zu haben und auch während oder gerade trotz Corona wichtige gesellschaftspolitische Diskussionen angeregt zu haben.», bestätigt Simon Buri.

2021 als Chance sehen

Die Gemeinde Konolfingen hat Ende 2020 entschieden, den Prozess in Gysenstein ab 2021 gemeinsam mit ProjektForum mittels einer Online-Umfrage digital weiterzuführen, solange physische Veranstaltungen nicht möglich sind. «Das Gute an den Online-Formaten ist, dass man diese auch mit analogen Methoden kombinieren kann. So schickten wir den Teilnehmenden mit Unterstützung von ProjektForum beispielsweise vor dem Online-Event einen Brief mit einem Leitfaden für die Diskussion und einer Anleitung für die digitalen Tools zu. Damit sind wir sehr gut gefahren.», ergänzt Buri. Auch für die geplante digitale Umfrage plant ProjektForum ergänzende analoge Elemente, damit die Bevölkerung möglichst breit abgeholt werden kann. Auch bei ProjektForum und seinen Kund*innen bewegt sich also viel – wir freuen uns auch im neuen Jahr gemeinsam mit unseren Kunde*innen und Partner*innen die Formate zur Partizipation anhand konkreter Projekte weiterzuentwickeln und auf unserem Blog darüber zu berichten.