Mitwirkungsformate, welche die breite Bevölkerung ansprechen, sollen niederschwellig, barrierefrei und inklusiv sein. Die Fachstelle Behindertenrechte Basel-Landschaft hat diesen Anspruch in der Praxis konsequent umgesetzt und mit viel Engagement vorgelebt. ProjektForum durfte die Fachstelle bei der Planung und Umsetzung einer Mitwirkungsveranstaltung für Menschen mit Behinderungen unterstützen.
Was braucht es also wirklich, um Barrierefreiheit erfüllen zu können? Und wie können wir allgemein dazu beitragen, dass Mitwirkungsformate für eine breite und diverse Bevölkerung zugänglicher werden?
Gemeinsam Behindertenpolitik gestalten
Die Fachstellen Gleichstellung für Frauen und Männer und Behindertenrechte des Kantons Basel-Landschaft erarbeiten aktuell den neuen Aktionsplan Gleichstellung BL. Die Entwicklung des Aktionsplans erfolgt in Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Stakeholdern und den betroffenen Zielgruppen. Dieser partizipative Ansatz soll nicht nur die Qualität und Relevanz der Massnahmen stärken, sondern auch dazu beitragen, die Gleichstellungspolitik im Kanton sichtbarer und breiter in der Öffentlichkeit zu verankern.
Unter dem Titel «Gemeinsam die Behindertenpolitik im Kanton gestalten» lud die Fachstelle Behindertenrechte im September 2025 Menschen mit Behinderungen und deren Angehörige zu einem Mitwirkungsanlass ein. Über 35 Personen sind der Einladung gefolgt und bearbeiteten gemeinsam Fragestellungen zu insgesamt acht Handlungsfeldern der Behindertenpolitik: Gleichstellung und Teilhabe, Sensibilisierung, Bauen und Mobilität, Wohnen, Bildung, Arbeit und Beschäftigung, Kultur, Freizeit und Sport sowie Kommunikation. ProjektForum unterstütze die Fachstelle Behindertenrechte bei der Konzeption und Moderation der Veranstaltung.
Barrieren abgebaut, Unterstützung angeboten
Die Fachstelle Behindertenrechte hat von Beginn an darauf geachtet, dass Barrierefreiheit nicht nur räumlich, sondern auch organisatorisch und kommunikativ gedacht wird. Barrierefreiheit – das ist nicht nur der stufenlose Zugang oder ein Lift statt Treppen. Für uns begann sie bereits in der Projektzusammenarbeit mit der Fachstelle – und mit einer grundlegenden Frage: Sind unsere gängigen Projekttools mit Screenreader-Programmen kompatibel, sodass auch eine Mitarbeiterin mit Sehbehinderung uneingeschränkt Zugang zu allen Informationen erhält?
Von dort arbeiteten wir uns zusammen mit der Fachstelle Schritt für Schritt vor, um eine Veranstaltung zu gestalten, die für möglichst viele Menschen ohne grössere Hürden zugänglich ist. Orientierung boten uns verschiedene Checklisten für inklusive Veranstaltungen, etwa von Artiset oder Winklusion. Die Expertise der Fachstelle war dabei wegweisend, um den hohen Anspruch an Inklusion auch im Detail umzusetzen. Ebenso wertvoll war der Austausch mit anderen Fachstellen sowie dem Behindertenforum, die ihre Erfahrungen und Empfehlungen einbrachten.
Damit sich alle Teilnehmenden vorbereiten konnten, stellte die Fachstelle frühzeitig umfassende Informationen zu Programm, Inhalten, Anreise und Orientierung am Veranstaltungsort zur Verfügung. Vor Ort sorgten Gebärdensprachdolmetschende, eine Induktionsschleife für Hörgeräte sowie Assistenzpersonen bei Bedarf für zusätzliche Unterstützung.
Auch methodisch legten wir Wert auf Vielfalt: Neben der Arbeit in Gruppen boten wir Möglichkeiten zur individuellen Mitarbeit an – mündlich oder schriftlich, analog oder digital. So konnten sich alle Teilnehmenden ihren Bedürfnissen entsprechend einbringen.
Und selbst beim anschliessenden Apéro galt es einiges zu berücksichtigen: Stehtische, die für Menschen im Rollstuhl schwer zugänglich sind, wurden gezielt mit Bistrotischen ergänzt.
Wichtig war uns ebenfalls, dass die Vielfalt der Teilnehmenden auch in der Moderation sichtbar wurde.

Nicht perfekt – Lernkurven gehören dazu
So sorgfältig wir die Veranstaltung auch vorbereitet haben: ganz barrierefrei sind kein Ort und kein Prozess. Auch der Veranstaltungsort bot ein paar Herausforderungen. Der moderne Lift etwa lässt sich nur über einen Touchscreen bedienen – eine potenzielle Barriere für Menschen mit Sehbehinderung. Und manche Besprechungszimmer waren schlicht zu klein, um mit einem Elektro-Rollstuhl bequem an der Diskussion teilzunehmen.
Auch inhaltlich bewegten wir uns auf anspruchsvollem Terrain. Die Themen der Behindertenpolitik sind komplex und vielschichtig – das macht die Diskussion wertvoll, aber auch hochschwellig. Sprache spielt dabei eine zentrale Rolle: Wie gelingt es, Inhalte so zu formulieren, dass sie möglichst verständlich bleiben, ohne sie zu stark zu vereinfachen? Einfache Sprache kann Barrieren abbauen, gleichzeitig besteht der Anspruch, differenziert zu bleiben. Diesen Spagat gilt es immer wieder neu auszutarieren.
Was nehmen wir aus dieser Erfahrung mit?
Unsere Gesellschaft und unsere Mitwirkungsformate sind auf dem Weg barrierefreier und inklusiver zu werden – aber es ist noch viel zu tun.
Man kann sagen, dieses Format der zentral durchgeführten Veranstaltung kann nie vollständig für alle Menschen zugänglich sein. Eine Teilnahme an so einem Anlass ist immer höchst voraussetzungsreich: Beginnend beim terminlichen und örtlichen Rahmen, der Mobilität und freie zeitliche Ressourcen erfordert, über die Thematik und die gewählte Sprache bis hin zu den eingesetzten Methoden. Und trotzdem erachten wir das Treffen und der reale Austausch unter Menschen als wichtiges und ermächtigendes Format.
Eine zentral durchgeführte Veranstaltung ist dabei eines von vielen Formaten, die für partizipative Prozesse eingesetzt werden können – und alle Formate kommen mit ihren eignen Hürden. Erst eine Vielfalt von eingesetzten Methoden und Formaten ermöglicht es einer vielfältigen Gesellschaft Mitwirkung zu ermöglichen.
Es braucht also weiterhin den Mut, inklusive Veranstaltungen umzusetzen, ohne den Anspruch, alles richtig zu machen. Teilhabe entsteht, wenn wir ausprobieren, Fehler machen und daran wachsen.